Innerer Kritiker: Die verborgenen Glaubenssätze dahinter

Innerer Kritiker

Es war ein Dienstagmorgen, 10:47 Uhr. 

Das Strategie-Meeting läuft seit 15 Minuten. Du hast eine Idee mitgebracht – konkret, durchdacht, lösungsorientiert. Du spürst, dass sie gut ist. Du nimmst Anlauf, beginnst zu sprechen…

Doch nach zwei Sätzen wird dir heiss. Eine innere Stimme flüstert: „Halt – warte. Das ist nicht gut genug durchdacht. Vielleicht solltest du erst später sagen.“

Du bremst ab. Wirst leiser. Magst dich nicht mehr trauen.

Und genau in diesem Moment grätscht jemand anderes rein. Lauter, selbstbewusster. Sagt deine Idee (fast wörtlich). Mit mehr Raum. Mehr Präsenz. 

Und siehe da – der Chef nickt. „Sehr guter Punkt.“

Dein innerer Kritiker meldet sich sofort: „Hab ich es nicht gesagt? Das hättest du so nicht bringen können. Du warst nicht gut genug. Nicht klar genug. Du brauchst bessere Strategien. Du brauchst mehr Training. Du brauchst…“

Aber hier ist die Wahrheit, die die meisten übersehen: Nicht die fehlende Strategie ist dein Problem – sondern die unsichtbaren Glaubenssätze, die deinen inneren Kritiker antreiben.

Der innere Kritiker ist nicht der Feind. Er ist nur ein Lautsprecher. Der Verstärker. Dahinter stecken tiefere Überzeugungen über dich selbst – alte Programmierungen, die du früher gebraucht hast, um sicher zu sein. Und jetzt? Jetzt halten sie dich fest.

In diesem Artikel zeige ich dir, wo dein innerer Kritiker herkommt, welche Glaubenssätze ihn füttern – und vor allem: Wie du sie erkennst und neu kalibrierst. Nicht über Nacht. Aber nachhaltig. Weil nachhaltig ist das einzige, das zählt.

Das ist Part 3 einer Serie:

1. Dein innerer Kritiker ist nicht das Problem – die Überzeugungen dahinter sind es

Der innere Kritiker funktioniert wie ein Lautsprecher für tiefere Überzeugungen.

Die meisten versuchen, mit Strategien gegen ihren Kritiker anzukämpfen:
Sie lernen, ihn zu ignorieren. Sie sagen Affirmationen auf. Sie atmen tief durch.

Und … es funktioniert – für drei Tage.
Dann ist der innere Kritiker wieder da. Lauter. Penetranter.

Warum?
Weil Strategien nur die Symptome behandeln, nicht die Wurzel.
Und die Wurzel sind Glaubenssätze.

Was ist ein Glaubenssatz überhaupt?

Ein Glaubenssatz ist nicht dasselbe wie ein Gedanke.
Ein Gedanke ist flüchtig: „Das schaffe ich nicht“ (heute, in dieser Situation).
Ein Glaubenssatz ist eine tiefe Überzeugung: „Ich bin nicht gut genug“ (grundsätzlich, überall, immer).

Gedanken kommen und gehen. Glaubenssätze werden zum Fundament, auf dem du dein ganzes Leben aufbaust – beruflich, privat, in Beziehungen, im Umgang mit dir selbst.

Und hier ist das Problem: Viele dieser Glaubenssätze stammen von irgendwo anders. Sie sind nicht deine.

Beispiele:

  • Aus der Kindheit: „Bei uns zu Hause war nur der beste Platz gut genug.“
  • Aus Erfahrungen: „Eine 5 in Mathe = ich bin schlecht in Zahlen.“ (noch 30 Jahre später)
  • Aus kulturellen Prägungen: „Frauen müssen bescheiden sein, Männer sind von Natur aus selbstbewusst.“
  • Aus Verletzungen: „Wenn ich vertraue, werde ich verletzt – also halte ich Abstand.“

2. Wie dein innerer Kritiker diese Glaubenssätze nutzt

Dein innerer Kritiker ist ein Sicherheitsmechanismus. Sein Job ist es, dich zu schützen.
Und er benutzt deine tiefsten Glaubenssätze, um dich klein zu halten – denn klein = sicher.

Wenn dein Glaubenssatz lautet: „Ich muss alles perfekt machen“,
dann wird dein innerer Kritiker niemals leiser. Egal, wie viele Affirmationen du sprichst.
Denn er ist nicht das Problem. Er ist nur die Konsequenz.

Der innere Kritiker beeinflusst dich auf drei Ebenen:

  • Dein Verhalten: Welche Chancen nimmst du? Welche lässt du liegen? Sprichst du deine Idee in Meetings aus oder nicht?
  • Deine Wahrnehmung: Was nimmst du wahr – und was blendest du aus? Nimmst du Lob an oder filterst du es durch dein Kritiker-Sieb?
  • Deine Gefühle: Warum fühlt sich Sichtbarkeit wie Gefahr an? Warum ist Raum einnehmen etwas, wofür du dich schuldig fühlst?

3. Die drei Glaubenssatz-Cluster bei Frauen – welche treiben deinen inneren Kritiker an?

Es gibt nicht „den einen“ Glaubenssatz. Es gibt Cluster – Gruppen von Überzeugungen, die zusammenhängen.
Basierend auf How Women Rise (Sally Helgesen & Marshall Goldsmith) und zwei Jahrzehnten Coaching-Erfahrung zeige ich dir die drei häufigsten Muster:

Cluster 1: Das Perfektionismus-Mantra

„Ich muss immer alles richtig machen – sonst bin ich nicht gut genug.“

Wie dein innerer Kritiker das nutzt:
Du verschiebst Dinge, die nicht „bereit“ sind – Berichte, Bewerbungen, Posts, Podcast-Episoden.
Du bist unzufrieden, obwohl andere begeistert sind.
Dein Fokus liegt auf Fehlervermeidung statt auf Kreativität.

Woher das kommt:

  • Schulsysteme, die nur Noten zählen
  • Elterliche Erwartungen: „Das hättest du besser machen können“
  • Früh erlernt: „Wenn ich perfekt bin, bin ich sicher und werde geliebt.“

Die Verschiebung:
Von: „Ich muss perfekt sein.“
Zu: „Ich darf gut genug sein – und daraus lernen.“

Cluster 2: Das Ehrgeiz-Tabu

„Wenn ich zeige, was ich will, wirke ich egoistisch.“

Wie dein innerer Kritiker das nutzt:
Du äusserst deine Wünsche nicht – also nimmt sie auch niemand wahr.
Du relativierst deine Erfolge.
Deine innere Haltung bleibt: „Ich hoffe, sie sehen meinen Wert.“

Woher das kommt:

  • Botschaften wie: „Bescheiden sein ist eine Tugend.“
  • Empathie-Falle: „Wenn ich präsent bin, nehme ich anderen Platz weg.“
  • Vergleiche: „Männer sind einfach selbstbewusster.“ (Spoiler: Sie haben nur andere Glaubenssätze.)

Die Verschiebung:
Von: „Ehrgeiz ist egoistisch.“
Zu: „Ehrgeiz ist Selbstwirksamkeit – und die brauche ich, um zu wirken.“

Cluster 3: Das Verantwortungs-Übervertrauen

„Ein guter Mensch enttäuscht andere nicht – ich bin für ihre Gefühle verantwortlich.“

Wie dein innerer Kritiker das nutzt:
Du jagst Harmonie, auch wenn sie dich erschöpft.
Du sagst Ja, obwohl du Nein meinst.
Und wenn du Grenzen setzt, kommt die Schuldfrage:

„Wie kannst du so egoistisch sein?“

Woher das kommt:

  • Weibliche Sozialisierung: „Sei nett, sei rücksichtsvoll, halte die Balance.“
  • Traumatische Erfahrungen: „Wenn ich vorsichtig bin, wird niemand verletzt.“
  • Familienrollen: das „emotionale Pufferkind“.

Die Verschiebung:
Von: „Ich bin für andere verantwortlich.“
Zu: „Ich bin verantwortlich für meine Grenzen – und das ist eine Form von Liebe.“

Kurzüberblick: Die 3 Glaubenssatz-Cluster

GlaubenssatzWie dein Kritiker ihn nutztNeuer Glaubenssatz
Ich muss perfekt seinBlockiert Kreativität, Mut, AusprobierenIch darf gut genug sein – und lerne daraus
Ehrgeiz ist egoistischBlockiert Sichtbarkeit, Verhandlungen, NetzwerkenEhrgeiz ist Selbstwirksamkeit
Ich bin für andere Gefühle zuständigBlockiert Grenzen, Nein sagen, SelbstschutzIch bin verantwortlich für meine Grenzen

4. Deine Übung: Erkenne die Glaubenssätze hinter deinem inneren Kritiker

Diese Übung ist dein erster Schritt, um dein Muster sichtbar zu machen.

Zeitbedarf: 30–45 Minuten – am besten allein, mit Kaffee oder Tee.

Schritt 1: Trigger-Sammlung (10 Minuten)

Schreib alle Situationen auf, in denen dein innerer Kritiker laut wird – nicht kognitiv, sondern spürbar:

  • Im Meeting, wenn du deine Meinung sagen willst
  • Beim Feedbackgeben
  • Wenn du Nein sagst
  • Wenn du sichtbar wirst (z. B. in Posts oder Präsentationen)

Schritt 2: Die innere Stimme hören (10 Minuten)

Was sagt dein Kritiker genau? Schreib die Worte wortwörtlich auf.

„Du bist nicht wichtig genug.“
„Die merken, dass du nicht kompetent bist.“
„Du wirkst zu laut, zu viel, zu präsent.“

Schritt 3: Der Glaubenssatz dahinter (15 Minuten)

Dein Kritiker ist das Symptom. Der Glaubenssatz ist die Wurzel.

Beispiel:

Innere StimmeGlaubenssatz
„Das war nicht perfekt.“„Ich muss alles richtig machen.“
„Du wirkst zu fordernd.“„Ehrgeiz ist egoistisch.“
„Sie ist verletzt von dir.“„Ich bin für andere Gefühle verantwortlich.“

Frag dich:

  • Wo habe ich diesen Satz zum ersten Mal gehört?
  • Von wem? (Eltern, Lehrer, Kultur, Medien)
  • War er damals hilfreich?
  • Ist er heute noch hilfreich?

Schritt 4: Erkenntnis (5 Minuten)

Schreib auf:
Welche 1–3 Glaubenssätze füttern deinen Kritiker am meisten?
Das sind deine Top-Blocker.

5. Von „innerer Kritiker im Dauereinsatz“ zu „Kritiker mit Pausen“

Jetzt geht’s ans Umprogrammieren.

Das ist keine „positiv denken“-Übung – sondern eine ehrliche Neubewertung.

Das 3-Ebenen-Modell

  1. Akzeptieren (nicht kämpfen):

„Mein Perfektionismus hat mir früher geholfen. Heute darf ich ihn loslassen.“

  1. Hinterfragen (nicht folgen):
    Ist dieser Glaubenssatz heute noch wahr oder hält er mich klein?
  2. Umdeuten (neu positionieren):
    • Alt: „Ich muss perfekt sein.“ → Neu: „Ich produziere wertvoll, nicht fehlerfrei.“
    • Alt: „Ehrgeiz ist egoistisch.“ → Neu: „Ehrgeiz ist Verantwortung.“
    • Alt: „Ich bin für andere verantwortlich.“ → Neu: „Ich wähle meine Grenzen.“

6. Die 15-Minuten-Regel (praktischer Anker)

Diese Technik stammt aus meinem Podcast-Interview mit Melissa Schlimm.

So funktioniert’s:

  • 5 Minuten: Zuhören – Was will mein Kritiker mir sagen?
  • 10 Minuten: Filtern – Was ist die hilfreiche Information dahinter?
  • Dann: Stop. Move on.

Mehr brauchst du nicht. Alles danach ist Endlosschleife.

7. Ein neuer Dialog mit deinem inneren Kritiker

Du wirst deinen Kritiker nicht über Nacht ändern – und das ist okay.
Wichtig ist, dass du bewusst neu wählst.

Beispiel:

  • Situation 1: Du wirst im Meeting überhört.
    • Alt: „Ich bin nicht wichtig genug.“
    • Neu: „Ich teile meine Perspektive zum Nutzen aller.“
  • Situation 2: Jemand grätscht deine Idee.
    • Alt: „Wenn ich mich präsentiere, wirke ich arrogant.“
    • Neu: „Es gibt Platz für beide.“
  • Situation 3: Du willst mehr Geld.
    • Alt: „Ich bin undankbar.“
    • Neu: „Ich zeige, was ich wert bin – das ist Selbstachtung.“

8. Das Journal-Experiment – 4 Wochen

Jeden Freitag:
🤔 Wann war mein Kritiker laut?
🤔 Welcher Glaubenssatz steckte dahinter?
🤔 Bin ich dem alten oder neuen gefolgt?
🤔 Was war der Unterschied?

Warum Freitag?
Weil du die Woche abschliesst – und einen bewussten Reset setzt.

9. Wenn sich die Glaubenssätze ändern – verändert sich dein innerer Kritiker

Viele glauben: „Wenn ich die richtige Strategie habe, wird mein Kritiker leiser.“
Aber: Wenn sich die Glaubenssätze ändern, verliert dein Kritiker seine Munition.

Du handelst dann aus Überzeugung – nicht aus Angst.

Es geht nicht darum, lauter zu werden.
Es geht darum, in Einklang mit dir selbst zu kommen.
Dann entsteht Wirkung – von innen nach aussen.

10. Der nächste Schritt

Du hast jetzt die drei Layer:

  1. Verstehen: dein innerer Kritiker wird von Glaubenssätzen angetrieben
  2. Handeln: konkrete Strategien [Link zu Post 1]
  3. Wirken: neue Haltung im Job [Link zu Post 2]

Bonus:
Hör in den Podcast mit Melissa Schlimm – echte Geschichten, Aha-Momente und die Erkenntnis:
Es liegt nicht an dir, dass dein Kritiker laut ist. Es liegt an den Überzeugungen, die ihn antreiben.

Fazit: Dein innerer Kritiker braucht ein neues Betriebssystem

Erkenne: Dein Kritiker wird von tieferen Glaubenssätzen angetrieben.
Akzeptiere: Diese Sätze haben dir früher geholfen – du darfst sie neu schreiben.
Wähle: Jeden Tag neu, welchem Glaubenssatz du folgen willst.

👉🏻 „Mein innerer Kritiker ist kein Feind – er ist ein alter Freund, der mich mit den falschen Werkzeugen schützen will. Ich kann ihn neu programmieren.“

Die Einladung

Mach die Übung. Schreib deine neuen Glaubenssätze auf.
Und wenn du magst:
👉🏻 Lass mich dich kennenlernen – kostenlos, unkompliziert, ohne Verpflichtung.

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Souverän im Beruf Barbara Hesse

Hey, ich bin Barbara!

Ich begleite dich dabei, deine innere Stärke nach aussen zu bringen – klar, authentisch und souverän.
Im Coaching schauen wir gemeinsam, was dich vielleicht noch zurückhält – und wie du lernst, dich so zu zeigen, wie du wirklich bist. Egal ob im Jobgespräch, im Meeting mit dem Chef oder vor der Kamera: Du wirst spüren, wie du mehr Wirkung entfaltest, ohne dich zu verbiegen. Schritt für Schritt. In deinem Tempo.

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